ASV Schwarz-Rot 06

Der Beginn

Die Industrialisierung um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert brachte für die Menschen viele Veränderungen. Fabrikarbeit, viele Stunden am Stück an Maschinen arbeiten und immer weniger Bewegung – das waren die negativen Konsequenzen der modernen Arbeitswelt. Viele Arbeiter reagierten auf die veränderten Umstände und suchten Alternativen. Diese fanden sie häufig im Sport.

Kein Wunder also, dass in diesen Jahren unglaublich viele Sportvereine gegründet wurden. So auch in Aachen, wo sich das Ostviertel zum klassischen Arbeiterviertel umgestaltete. Viele Unternehmen – wie beispielsweise Philips, Englebert, Pongs oder Rhein-Nadel -bauten hier ihre Fabriken und gaben den Menschen Arbeit. Diese wiederum suchten sich ihre Wohnungen im Umfeld ihrer Arbeitsstätten, Autos für jedermann waren damals noch undenkbar. Im November des Jahres 1906 taten sich einige Jugendliche des Viertels zusammen und gründeten den BC – Amicitia, um in der Gemeinschaft Sport an der frischen Luft zu treiben. Dies war damals „revolutionär“ und wurde von den konservativen Turnvereinen vehement abgelehnt. Der Zusammenschluss des BC Amicitia, der sein hauptsächliches Augenmerk auf den „Modesport“ Fußball gerichtet hatte, mit dem FC Olympia im Jahre 1908 hatte die Umbenennung beider Vereine zum „Aachener Sportverein“ zur Folge. Der Name war Programm, schließlich sollten hier möglichst viele Sportarten betrieben werden.

Der erste Weltkrieg 1914 – 1918 war vorübergehend das Aus für unseren Verein, viele Mitglieder kehrten aus dem Krieg nicht mehr zurück nach Hause. Im Zusammenschluss mit der Aachener Turngemeinde, als deren Sportabteilung wir geführt wurden, trieb man bis ins Jahr 1924 gemeinsam Sport, dann bestanden die Spitzenverbände auf die Trennung von Turnen und Sport. Wir kehrten zurück zu unserem Namen „Aachener Sportverein“, diesmal mit dem Zusatz „1906 e. V.“.

Lag der Schwerpunkt unserer sportlichen Aktivitäten zunächst auf dem Fußball, fanden bald schon weitere Sportarten Zugang in den Verein. Faustball beispielsweise war kurz nach der Vereinsgründung bereits etabliert, und zwar als Wettkampfsport. Die Abteilung wurde mit Beginn des 2. Weltkrieges aufgelöst. Leichtathletik hatte von Beginn an eine große Bedeutung im Verein. 1908 waren wir der Ausrichter des ersten Aachener Waldlaufes. Viele leichtathletische Wettkämpfe wurden über Jahrzehnte auf unseren Sportanlagen ausgerichtet und schöne Erfolge konnten durch unsere Athleten erzielt werden. Doch die immer weiter um sich greifende Spezialisierung der Vereine sorgte im Laufe der 1960er Jahre schließlich für das Ende der Leichtathletikabteilung. Kurz vor dem 1. Weltkrieg gründete sich eine Hockeyabteilung, die während des Krieges naturgemäß nicht aktiv war und nach dem Krieg und dem Zusammengehen mit der ATG schließlich auch dort verblieb.

Die Sportstätten

Im Jahre 1906 wurde uns durch die Stadtverwaltung der Sportplatz an der Stolberger Straße zugewiesen. Man darf nicht vergessen, dass ein Großteil der Bevölkerung den Aktivitäten rund um die Sportvereine durchaus skeptisch bis ablehnend gegenüberstand, weswegen es als durchaus weitsichtig zu bewerten ist, dass der Sport von den Stadtvätern auf diese Weise existentiell unterstützt wurde. Vielen war der Sport ein Dorn im Auge – Verwahrlosung der Jugend oder knappe Bekleidung waren beliebte Gegenargumente. Schülern höherer Schulen war beispielsweise die Teilnahme an Fußballspielen untersagt.

Da damals die Kapazitäten des Sportplatzes nicht ausreichten, um allen Aktiven ausreichende Betätigungszeiten zur Verfügung stellen zu können, wurde ein weiterer Sportplatz in der Nähe, der „Panneschopp“, für mehrere Abende in der Woche angemietet. Es handelte sich hierbei mehr um einen Acker, Wettbewerbe konnten hier nicht ausgetragen werden, doch zum Training reichte es. Aus diesen Gegebenheiten lässt sich ein unvorstellbarer Idealismus für die körperliche Betätigung ablesen, es ging um die Sache, von „Schönspielen“ konnte keine Rede sein. Während des 2. Weltkrieges wurde 1943 unser Sportplatz durch Bombentreffer stark verwüstet, drei Bombentrichter machten Sport an dieser Stelle unmöglich. Mit vereinten Kräften wurden diese kurzfristig zugeschüttet, sodass wenigstens ein bisschen Training möglich war. Auch wenn die sportliche Infrastruktur erheblich zerstört war, blickten die damaligen Mitglieder optimistisch in die Zukunft und packten an. Immerhin waren die Umkleideräume nutzbar und Tore waren ebenfalls vorhanden. Fast aus dem Nichts schafften es unsere damaligen Mitglieder, einen halbwegs nutzbaren Sportplatz herzurichten in einer Zeit, in der es wahrlich drängendere Probleme gab. Ein Beweis für die Kraft der sportlichen Idee. Schon im Juli 1945 konnte mit dem Trainingsbetrieb begonnen werden. Die Handballer verlegten ihre sportlichen Aktivitäten zunächst auf die Kegelbahn, erst ab 1952 wurde der Sport wieder organisiert geführt.

Eine neue Stadtplanung hatte 20 Jahre später große Konsequenzen für unseren Verein:

Der Sportplatz an der Stolberger Straße hatte ausgedient, dafür erbaute die Stadt an der Breslauer Straße ein neues Klubgelände. Während der Bauzeit, in der auch die Verkehrs-Infrastruktur erneuert wurde, waren wir für 7 Jahre auf den Sportplatz „Im Gillesbachtal“ ausquartiert – für unseren Verein und speziell die Fußballabteilung so etwas wie eine Entwurzelung.

Die Nachkriegszeit

Das Ostviertel hat sich nach dem Krieg sukzessive gewandelt. Vom reinen Arbeiterviertel vollzog sich bis heute ein Wechsel hin zum Schmelztiegel der Nationen, wobei die türkische Bevölkerung den Löwenanteil stellt. Große Unternehmen im direkten Umfeld schrumpften oder wechselten komplett ihren Standort, und eine größere Mobilität des Einzelnen ließ die Bindung an den Verein des Viertels stark zurückgehen. Die Konkurrenz durch Kunstrasenplätze und finanziell potentere Vereine in direkter Nachbarschaft verschärften den Überlebenskampf einzelner Abteilungen seit dem Jahrtausendwechsel erheblich

Ab dem Jahre 1969 wurde beim ASV Schwarz-Rot Tischtennis gespielt, einige Mitglieder des Freizeitsports hatten sich zu einer Abteilung zusammengeschlossen. Über viele Jahre fester Bestandteil des Vereinslebens, musste die Abteilung 2018 wegen fehlender Aktiven geschlossen werden. Basketball wird seit 1975 bei uns gespielt. Leider hat es nie zum Aufbau einer Jugendabteilung gereicht, sodass ausschließlich eine Seniorenmannschaft aktiv ist. Volleyball und Damengymnastik sind die Abteilungen, die als reiner Freizeitsport bei uns geführt werden. Hier finden sich immer wieder genügend Teilnehmer, um den Bestand der Abteilungen zu sichern.

Heute

Das Aushängeschild des Vereins ist seit vielen Jahren die Handballabteilung. Gegründet in den 1920er Jahren, waren es zunächst die Feldhandballer, die ihrem Sport beim ASV nachgingen. Mitte der 1960er Jahre trat schließlich der Hallenhandball seinen Siegeszug an und wir hatten das große Glück, damals mit Egbert Schaffrath einen „Visionär“ in unseren Reihen zu haben, der sein Leben dem Handballsport verschrieben hatte und dem es gelang, eine unglaublich erfolgreiche Jugendabteilung aufzubauen. Viele Aktive von Schwarz-Rot wurden in verschiedene Auswahlmannschaften berufen, bis heute hat sich die Qualität gehalten und wir können stolz auf eine große und vielversprechende Jugendabteilung blicken.

Im Seniorenbereich können wir auf dieser Basis sehr gut aufbauen. Immer wieder heißt es, neuen Mannschaften zu ihren Aufstiegen zu gratulieren, sowohl im Damen- als auch im Herrenbereich. Aber die Verantwortlichen wissen, dass dieses funktionierende Konstrukt permanent mit Leben gefüllt werden muss, die Arbeit endet niemals.

In der Fußballabteilung wird seit über 100 Jahren aktiv dem Leder nachgejagt, viele Jahre lang mit schönen Erfolgen, Aufstiegen und zahlreichen Jugendmannschaften. Bis zum Jahrtausendwechsel gab es immer wieder schöne Erfolge zu vermelden, der Name Schwarz-Rot zählte etwas in der Aachener Fußballszene. Leider hat die allgemeine Entwicklung gerade auch im Jugendfußball vor unserem Verein nicht Halt gemacht. Immer weniger Kinder wollen immer seltener dem runden Leder nachjagen, die Alternativen zum Fußball sind reichhaltig. Momentan spielen zwei Jugendmannschaften um Punkte, es wird auch im Hinblick auf die Konkurrenz durch umliegende Vereine schwer sein, wieder eine „große“ Jugendabteilung aufzubauen. Aber Wunder gibt es immer wieder, die Verantwortlichen lassen sich nicht entmutigen.

Die Vereinsführung

Nichts geht ohne die Verantwortlichen an der Spitze eines Vereins. Nach dem bekannten Spruch „Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken“ ist es von existentieller Bedeutung, dass in den Vorstandsgremien gute und vereinsorientierte Arbeit gemacht wird. Das kostet natürlich vor allem eins: Zeit! Dafür gestalten die gewählten Vereinsführer maßgeblich nach ihren Vorstellungen und orientiert an der Vereinssatzung die Geschicke des ASV Schwarz-Rot. Seit der Gründung hat es zahlreiche Vorsitzende gegeben, aber einen Namen muss man an dieser Stelle herausheben. 35 Jahre lang stand Max Bürgerhausen unserem Verein vor und hat ihn durch so manche Untiefe gesteuert. So wie er seinen Verein bis heute lebt, muss man einfach einmal „Danke, Max“ sagen. Ein derartiges Engagement ist selten und war für Schwarz-Rot existentiell wichtig. Heute lenken andere Mitglieder die Geschicke des Vereins, als Ehrenvorsitzender ist Max aber immer noch am aktuellen Geschehen beteiligt.